robotspaceship: Wie überzeugt man die Leute, in neue Technologien zu investieren?
Wolfgang Gründinger: Für mich ist die große Frage: Wie kriegen wir die Leute vom Wissen zum Handeln? Wenn man fragt, welche Energiequelle sie am liebsten nutzen, dann sagen 90 Prozent Solarenergie auf den Dächern. Wenn man Hausbesitzer:innen fragt, ob sie eine Solaranlage haben wollen, dann sagen zwei Drittel ja. Das Problem ist, dass es dann nur ein paar Prozent wirklich machen.
Warum machen sie es nicht?
Solarenergie, Wärmepumpen, aber auch E-Mobility sind „Highcomplexity- low-interest-Produkte“. Man muss sich das so vorstellen: Die meisten sind Erstkäufer:innen. Die wenigsten haben sich bisher damit befasst. All diese Dinge wie Wechselrichter, Kilowatt-Peak, Zählertausch, Direktvermarktung und so weiter, all das ist für die meisten immer noch Neuland. Und es ist eine große Anschaffung. So ein Ding kostet dich locker mal 20.000 Euro, häufig mehr. Das haben Hausbesitzer:innen nicht einfach irgendwo herumliegen.
Was bedeutet das?
Das heißt, dass die meisten zur Bank gehen müssen. Die meisten Banken vergeben Kredite für sowas aber nicht so gerne, weil sie damit kein Geld verdienen. Dann gibt es einen Grundbucheintrag, dann steht die Bank mit im Grundbuch. Da haben die meisten Leute keine Lust drauf. Man kann es schon schaffen, sich eine Solaranlage aufs Dach zu bauen, aber es gibt sehr viele Hürden.
Klingt kompliziert.
Ist es auch. Außerdem verlangen viele Händler:innen für Solarpanels auch noch eine Anzahlung, bevor da überhaupt was passiert. Da haben wir dann noch nicht über Wartung, Speicherung und Regularien gesprochen. „Low interest“ bedeutet dazu noch, dass man das Ganze einfach super gerne verschiebt.
Warum verschieben die Leute so etwas denn so gerne?
Weil es für dich gefühlt erstmal keinen Unterschied macht, ob du eine Solaranlage auf dem Dach hast oder nicht. Heute oder morgen – irgendwie egal! Es gab nur eine Situation im vergangenen Jahr, in der das anders war.
Welcher?
Als der Krieg in der Ukraine losging. Damals sind die Preise für Energie dermaßen explodiert. Da wollten auf einmal alle Solaranlagen. Am liebsten sofort.
Wie lange hat das angehalten?
Na ja, jetzt ist das wieder anders. Die Preise haben sich ja auch wieder beruhigt. Darin liegt aber auch die Lösung des ganzen Problems.
Wie meinst du das?
Man muss eine Problemlösung so einfach wie möglich machen und den Status quo so unnatürlich wie möglich. Jetzt wird es ein wenig philosophisch: Wir glauben, dass es so etwas gibt wie eine Normalität. Das sind für uns Gas- und Ölheizungen. Das stimmt aber nicht, denn auch diese angenommene Normalität verändert sich ja immer. Das heißt aber, dass wir auch an einer neuen Normalität arbeiten können.
Aber?
Es ist immer schwer, sich zu verändern. Jede kleine Veränderung ist halt ein gefühlter Schmerz.
Gib es eine Lösung, um das angenehmer zu machen?
Wenn wir auch die mitnehmen wollen, die nicht zu den 5 oder 10 Prozent gehören, die ohnehin handeln, müssen wir den Wandel so angenehm wir möglich gestalten.
Gilt das dann auch für die, die absolut nicht handlungswillig sind?
Die, die gar nicht wollen, würde ich einfach erstmal außen vor lassen. Aber auch die merken es am Ende auch. Wenn alle Nachbarn es machen, wollen sie es irgendwann auch. Wir erleben hier so ein Trägheitsmoment. Wenn das überwunden ist, geht alles schneller. Also brauchen wir eine Lösung, die so gut ist, dass du es einfach machen kannst. Es braucht diesen Tipping-Point, an dem die Menschen merken, dass es eine Technologie gibt, die das Leben besser macht.
Wie Solaranlagen?
Ja, aber wir können auch die Wärmepumpe als Beispiel nehmen. Es gibt jetzt noch Leute, die sich eine Gasheizung kaufen, weil sie Angst vor der Wärmepumpe haben. Sie glauben, dass die das Haus nicht warm macht, dass sie zu teuer ist und so weiter. Und es gibt tatsächlich auch immer noch sehr viele Energieberater:innen und Installateur:innen, die können halt nichts anderes. Und vor allem: die haben halt noch ein paar alte Heizungen auf Lager. Also verkaufen sie die, die sie noch haben. Ganz klar! Und deshalb empfehlen sie die alte Lösung – obwohl die halt einfach teurer ist als die neue.
Noch sind Gasheizungen doch günstiger, oder?
Ja, das stimmt. Aber nicht mehr lange. Wenn erstmal genügend Wärmepumpen zur Verfügung stehen, werden sie wesentlich günstiger sein. Außerdem rechnen die Menschen mit dem Gaspreis von heute und gehen aus irgendwelchen Gründen davon aus, dass die Preise so bleiben. Die werden aber steigen. Und das heißt, dass die Gasheizung auf Dauer nur noch teurer werden wird.
Das heißt, um den technologischen Wandel zu wollen, müssten die Leute nur an ihre Zukunft denken?
Ja, aber ich würde das nur gerne in Anführungszeichen setzen. Denn die meisten schaffen es eben einfach nicht, sich weit in die Zukunft hineinzudenken. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir richtig gut und umfänglich aufklären.
Welche Aufgabe hat dabei die Politik?
Was wir 16 Jahre lang gesehen haben, ist, dass wir die Gegenwart eingefroren haben. Wir haben so getan, als würde sich nichts verändern – auch wenn um uns herum die Krisen immer offensichtlicher geworden sind. Jetzt sehen wir eben, dass dieses System zusammenbricht und dass uns all diese Veränderungen einholen. Und das mit rasanter Geschwindigkeit. Wir haben diesen Strukturwandel so lange vor uns hergeschoben, dass er jetzt mit Wucht über uns hinwegfegt. Das heißt, dass man jetzt eben umso schneller sein muss. Denn die Zeit wird immer knapper.
Wer ist Wolfang Gründinger?
Wolfgang Gründinger nennt sich selbst Chief Evangelist bei Enpal. Er ist demnach dafür verantwortlich, dass die Message des ersten deutschen Greentech-Einhorns bei den Menschen ankommt. Und die lautet: Es ist ganz einfach, Solaranlagen auf jedes Dach des Landes zu setzen, wenn man innovative Methoden einsetzt.