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  • Bastian Hosan
  • 30.05.2023

Wie können Unternehmen über grüne Themen sprechen, Louisa Dellert – und müssen sie überhaupt?

Fast jedes Unternehmen will sich heute klimafreundlich darstellen. Die Frage, die sich dann oft stellt, ist: Was ist echt, wo beginnt Greenwashing? Und: Müssen Unternehmen überhaupt über Klima- und Umweltschutz sprechen – und wenn ja, wie?

 

robotspaceship: Unternehmen können eigentlich nie klimaneutral sein. Warum sollten sie trotzdem über Klima- und Umweltschutz sprechen?

Louisa Dellert: Ich glaube, es ist essenziell wichtig. Nur dann, wenn du darüber sprichst und nur dann, wenn du auch ehrlich darüber bist, wo du nicht weiterkommst, können kluge Menschen von außen darauf aufmerksam werden ­– und dann vielleicht doch eine Lösung dafür finden.

Hast du ein konkretes Beispiel für mich?

Ja, klar! Ich habe mich vor dem OMR-Festival mit den Veranstalter:innen unterhalten, vor allem natürlich mit dem, der dafür verantwortlich ist, dass das Festival so nachhaltig wie möglich ist.

Erwarten die Menschen, dass die OMR nachhaltig ist?

Es waren rund 70.000 Menschen dort und sehr viele von denen haben darauf gebaut, dass es dort natürlich Mehrwegbecher gibt. Aber das geht bisher einfach nicht. Die haben im Vorfeld mit vielen Mehrweg-Anbietern gesprochen – und keine Lösung dafür gefunden.

Was bringt es also?

Wenn die Macher:innen der OMR da nun öffentlich drüber sprechen, können die Anbieter:innen von Mehrwegsystemen bis zum kommenden Jahre eine Lösung finden. Weil sie drauf aufmerksam gemacht worden sind. Der Need ist da. Und deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass Unternehmen über ihre Bemühungen – aber auch über ihre Bedürfnisse – sprechen.

Also nicht nur darüber sprechen, was gerade toll läuft … 

… sondern auch darüber, was gerade nicht gut läuft, wo man vielleicht in eine Sackgasse gerannt ist, genau.

Würden die Macher:innen des OMR-Festivals denn da zustimmen?

Ja, die machen jetzt genau das! Und die haben natürlich auch versucht, das diesjährige Festival so nachhaltig wie möglich zu gestalten.

Ist das auch auf andere Branchen übertragbar?

Ich würde sagen, ja! Ich glaube schon, dass das auf andere Branchen übertragbar ist. Das Konzept ist überall dasselbe.

Die Medienbranche ist eine Sache, ist es nicht eine andere, wenn wir zum Beispiel über Stahlproduktion sprechen? Da geht es ja um eine andere Größenordnung als Mehrwegbecher.

Klar, da geht es um eine andere Dimension, aber da geht es aber noch um etwas ganz anderes.

Nämlich?

Wir glauben oft, dass die Unternehmen keine Lust haben, sich zu verändern. Ich glaube nicht, dass das stimmt. Was da fehlt, sind ganz oft die Sicherheiten vonseiten der Politik. Ich stehe da ganz viel im Austausch mit großen Konzernen. Und die sagen: Wir wollen mehr machen, sind aber wirtschaftlich so nicht abgesichert, weil keiner weiß, ob in vier Jahren nicht eine neue Regierung da ist, die andere Gesetze auf den Weg bringt. Und auch das können wir nur im Gespräch über die Herausforderungen lösen. Wir müssen da immer eines im Hinterkopf haben.

Was denn?

Nicht jedes Unternehmen kann von heute auf morgen komplett nachhaltig sein.

Du machst immer wieder darauf aufmerksam, wie fein die Linie zwischen echter Nachhaltigkeitskommunikation und Greenwashing ist. Und viele Leute glauben den Unternehmen nicht. Wie können wir das ändern? 

Ich glaube, dass wir da gerade mitten in einer Findungsphase sind. Es gibt Konzerne, denen würde ich ihre Bemühungen nicht abnehmen und mich deshalb auch nicht mit denen an einen Tisch setzen. Das passiert einfach zu viel Mist in den Lieferketten und die interessieren sich einfach auch nicht. Aber ich glaube auch, dass es viele Unternehmen gibt, die sich gar nicht mehr durch unsere Shitstorm-Kultur trauen. Die sind dann lieber still und deren Bemühungen gehen dann einfach unter. Das heißt, wir canceln Unternehmen zu oft gleich ganz weg und wissen auf der anderen Seite gar nicht, dass sie sich bemühen.

Findungsphase? Haben wir dafür noch Zeit?

Eigentlich haben wir für gar nichts mehr Zeit. Aber man muss auch sagen, dass wir in den vergangenen Jahren sehr viel Energie in die Sachen gesteckt haben. Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich jetzt schon in eine ehrlichere und bessere Richtung. Mein Hot Take ist, dass wir uns in den kommenden Jahren noch ehrlicher machen werden, was das Thema Greenwashing angeht. Wir dürfen dabei dann nur nicht vergessen, die Unternehmen auch mitzunehmen.

Was ist denn dein oberster Ratschlag, den du Unternehmer:innen geben würdest, wenn sie über diese Themen sprechen wollen?

Vor jeder externen Kommunikation sollte die interne Kommunikation stehen. Viele Mitarbeiter:innen haben ein sehr gutes Gefühl, wie man in der Sache wirklich dasteht. Außerdem weiß man dann auch gleich, ob die das Thema verstehen und was sie sich wünschen.

Ist das denn wichtig?

Das ist genau der richtige Anfang, um erstmal ein Gespür dafür zu bekommen, was überhaupt wichtig in der Kommunikation ist. Wenn du weißt, dass intern die meisten auf einer Linie sind, kannst du gut nach außen gehen und dann auch glaubwürdig auftreten.

Das heißt, Unternehmen sind überhaupt erst die Vehikel, um Akzeptanz für das Thema Nachhaltigkeit zu schaffen?

Genau. Denn sie sind ja auch die Orte, an denen das Thema umgesetzt werden muss. Man kann da auch gerne klein anfangen.

Wie klein?

Bei meinen Workshops lade ich die Leute gerne zu einem Clean-up ein. Ich sage dann immer, dass sie hier jetzt nicht die Welt retten. Aber man hat eine Stunde frische Luft und tauscht sich aus. Das ist dann der Ort, an dem man anfangen kann, ganz locker über das Thema zu sprechen, ohne erhobenen Zeigefinger.

… und ohne Angst vor dem Thema.

Angst erlebe ich selten. Eher Unbeholfenheit. Es fehlt oft noch das Wissen, wie man die Leute nicht gleich wieder verliert.

Wer ist Louisa Dellert?

Louisa Dellert ist eine deutsche Influencerin und Unternehmerin. Sie hat sehr früh erkennt, wie wirkmächtig soziale Medien sein können. Angefangen hat sie als Sport-Influencerin. Heute spricht sie darüber, wie wir als Gesellschaft grüner werden können – und berät Unternehmen mit ihrem Unternehmen Aufrichtig Media in Sachen Nachhaltigkeitskommunikation. 

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Bastian ist Wirtschaftsjournalist und Content Consultant.

Er ist an der Deutschen Journalistenschule ausgebildet worden. Vor seiner Selbständigkeit hat er bei Business Punk und Capital gearbeitet.

Bastian Hosan
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