Die Sache mit dem Geld ist ja bekanntlich nicht so einfach. Das liegt zum einen daran, dass wir nicht gerne darüber reden. "Über Geld spricht man nicht", so heißt es doch, oder? Jüngere Generationen, die vielleicht nicht ganz so viel vom Rentensystem zu erwarten haben, sollten diesen Grundsatz vielleicht überdenken und lernen, wie das mit dem lieben Geld geht und wie man es gut anlegen kann. Was man dafür braucht, ist nicht weniger als eine gesellschaftliche Transformation in dem Bereich. Und Sophie Thurner hat da mit Beatvest jetzt an der Innovationsstellschraube gedreht.
robotspaceship: Ihr wollt mit Beatvest Innovation im Finanzsektor vorantreiben. Euer Ansatz ist die finanzielle Bildung. Wie bringt man Menschen Finanzen bei?
Sophie Thurner: Gute Frage! Mein erster Impuls ist: Finanzen müssen Spaß machen. Ich glaube, bei uns in Deutschland denken die meisten immer noch, dass Geld etwas ist, das keinen Spaß macht. Die fünf größten Ängste der Deutschen im vergangenen Jahr hatten mit Geld zu tun.
Welche sind das?
Wie entwickelt sich die Wirtschaftslage? Wie entwickelt sich die Inflation? Ist mein Job noch sicher? Habe ich genug Einkommen, um mir meinen Lebensstil auch in Zukunft leisten zu können? Solche Sachen eben. Kein Wunder also, dass die Leute Angst vor Geld haben, wenn man es nur negativ konnotiert.
Wie ändert man das?
Ein Weg ist, mit den Leuten über ihr Geld zu sprechen und ihnen beizubringen, dass sie Spaß an der Sache haben dürfen.
Verständlich. Verständlich aber auch, dass die Leute vorsichtig sind, wenn es um Geld geht. Die meisten haben ja jetzt nicht unfassbar viel davon unter der Matratze liegen.
Ja, das ist schon wahr.
Und jetzt?
Jetzt gib es aber sehr viele Angebote am Markt, bei denen man sein Geld jemand anderem gibt, der oder die dann Entscheidungen für mich fällt. Natürlich können das auch Robo-Advisor sein, bei denen dann ein Algorithmus die Entscheidungen fällt. Oder ein:e Bankberater:in.
Was wir aber wissen, ist, dass viele Leute gar nicht wollen, dass jemand anderes Entscheidungen für sie fällt. Millennials sagen vor allem, dass sie selbst die Person sind, der sie am meisten vertrauen. Das ist natürlich ein Problem, wenn die meisten von ihnen aber nicht wissen, wie man mit Finanzen umgeht.
Wie bringt ihr es ihnen bei?
Mit unseren Lerninhalten. Wir fragen, ob die User:innen genug Wissen haben, um selbstbewusst mit ihrem Geld umzugehen.
Das heißt, ihr seid eine E-Learning-Plattform rund ums Geld?
So ähnlich! Bei uns wirst du aber nicht einfach ein dreiminütiges Lernvideo finden oder einen langen Text, in dem erklärt wird, wie es geht. Wir wissen ja, dass Menschen eigentlich nur dann lernen, wenn sie aktiv etwas tun. Wir geben den Leuten Lerninhalte in Video-, Audio- oder Text-Form – und dann müssen sie das Gelernte gleich anwenden.
Was zum Beispiel?
In der Lerneinheit rund um Zinseszinsen können die User:innen dann gleich berechnen, wie das in der Realität aussieht. Sie können es auf sich selbst anwenden. Oder du kannst bei uns in der App gleich dein erstes Investment kaufen, nachdem du gelernt hast, wie das geht.
Das heißt, ich kann bei euch gleich raus ins offene Wasser schwimmen?
Gerade kannst du bei uns noch in den Übungsmodus gehen. Wir haben eine Real-Market-Data-API verbunden. Das heißt übersetzt, dass du bei uns so tun kannst, als würdest du beispielsweise am Aktienmarkt mit ETFs agieren. Aber es ist noch kein wirkliches Investieren.
Übung ja, kaufen nein. Soll das so bleiben?
Nein, natürlich nicht. Wir planen, dass unsere Unser:innen im nächsten Jahr dann auch direkt bei uns traden können. Das war einer der größten Wünsche unserer Nutzer:innen. Das Feedback unserer Leute ist, dass sie nicht weggeschickt werden wollen, um dann woanders wirklich aktiv zu werden.
Wie macht ihr Geld mit Beatvest? Über die Monetarisierung der Inhalte?
Bisher ist die App noch kostenlos. Sobald man dann über uns investieren kann, wollen wir ein Abo-Modell einführen.
Und das wollen die Leute?
Die Nutzer:innen wollen vor allem, dass es einfach ist. Ich komme aus der Finanzmarktregulierung und habe gesehen, dass das auf dem Feld das größte Problem ist. Vieles ist verwirrend. Dann steht da zum Beispiel, dass dieses Modell eine AUM-Fee hat und eigentlich hat man die meisten damit schon verloren.
Was ist die AUM-Fee?
Das heißt ausgeschrieben Assets under Management. Das heißt, dass du eine prozentuale Abgabe auf deine Anlagen zahlen musst. Oft ist das ein Prozent. Dann gibt es ja auch noch Kosten per Trade – oft ist das ein Euro pro Handel. Und oft sind dann da auch noch andere Kosten im Hintergrund versteckt. Das ist unübersichtlich, das ist oft unverständlich und das hält viele Leute davon ab, sich mit dem Thema zu befassen.
Und das ändert ihr über ein Abo-Modell?
Ja, damit sind für die User:innen alle Kosten abgedeckt, das macht die Sache einfach. Die können dann so viel investieren, wie sie wollen und so viele unserer Inhalte nutzen, wie sie wollen. Es gibt dann keine versteckten Kosten mehr. Ich will hier gar nicht die Modelle anderer Anbieter:innen schlecht machen – ich bin einfach ein Fan von Transparenz.
Seht ihr euch als Bildungsplattform?
Ja, aber wir sind natürlich eher durch unser Thema motiviert. Und wir haben da gerade auch großes Glück, weil finanzielle Freiheit im Moment einfach ein großer Trend ist. Die Bundesregierung und das Finanzministerium haben gerade eine Initiative gestartet, um das Thema in Deutschland zu pushen. Wir stehen also nicht alleine da. Gleichzeitig sehen wir, dass die Menschen es auch immer wichtiger finden, finanziell unabhängig zu sein. Und damit spielen wir: Wenn du frei sein willst, musst du ein gewisses Level an Wissen besitzen.
Das wird viele etablierte Player in der Branche sehr unglücklich machen, oder?
Du kannst ja immer noch zu Bankberater:innen gehen, wenn du das willst. Aber du musst halt auch verstehen, was die dir sagen.
Wie kommt Beatvest bei den User:innen an?
Ich bin zufrieden. Wir haben das Glück, dass wir an einigen Stellen inzwischen an Vorwissen anknüpfen können. Wir gehen halt anders vor, als andere Bildungsanbieter:innen. Kurze Inhalte, direkte Learnings.
Wie viele Leute nutzen euch?
Rund 20.000. Wir sind seit Anfang des Jahres online und wir wachsen weiter.
Was ist denn euer Ziel?
Im Moment investieren 85 Prozent der Menschen in Deutschland nicht, nur 15 Prozent kümmern sich aktiv um ihre Finanzen. Ich will, dass sich das umdreht und 85 Prozent der Deutschen investieren.
Hättet ihr dafür nicht auch einfach eine Trading-App bauen können und diese gut vermarkten können?
Ja, hätten wir. Aber für uns steht eben nicht nur das Geld-Machen im Vordergrund, sondern vor allem die Bildung. Unser Traum ist es, dass Finanzen einfach zu einem wichtigen Teil des Lebens werden. Investieren ist für uns nicht der innovative Ansatz, Wissen generieren schon!
Wer ist Sophie Thurner?
Sophie Thurner ist die Gründerin von Beatvest. Heute legen rund 15 Prozent der Deutschen ihr Geld richtig an. Ihr Ziel ist es, dass es am Ende ihres Berufslebens 85 sind. Sophie war vor ihrer Gründung in der Finanzaufsicht tätig. Wie man mit Gel dumgeht, weiß sie also.