Die Meinungen zum „shoppen gehen“ sind schon immer zwiegespalten. Manche können sich nichts besseres vorstellen, anderen schmerzt eine jede Minute, die sie in einem Ladengeschäft verbringen. Ist dann noch die Partner:in oder – bewahre – die Mutter dabei, ist dann völliges GAME OVER!
In die Stadt fahren, durch Geschäfte bummeln, Sachen anprobieren und nie zufrieden sein mit der Auswahl? Diese Dinge wurden jetzt auf einmal alle zu optionalen Hürden, wir erleben gerade eine Online-Shopping-Revolution mit Firmen wie Zalando, Amazon oder dem OTTO-Versand.
Wir kennen es ja schon. Online-Shopping: Plötzlich konnte man ohne Beratung im Ohr, bequem von zu Hause eine schier endlose Produktpalette und ihre Preise vergleichen. Auf Knopfdruck bestellt, in ein bisn zwei Tagen klingelt der Paketbote. Das Produkt gefällt einem doch nicht? Kostenloser Rückversand regelt…
Heutzutage werden wir aber durch einige von diesen damals so tollen Features aber leider erschlagen. Man scrollt bereits durch die zehnte Seite, findet Produkte, vergleicht Preise, doch die Rezensionen versalzen einem am Ende die Suppe. Plötzlich wünscht man sich die Beratung vom Ladengeschäft zurück, will aber den Komfort des Onlinehandels nicht aufgeben.
Auch das steigende Umweltbewusstsein der Gesellschaft hat zur Folge, dass man plötzlich seinen Konsum und seine Leichtigkeit beim Rücksenden von Artikeln hinterfragt. Brauch man wirklich noch ein Kleid? Neue Sneaker? Ein neues iPad? Ist die wasserfeste Jacke denn wirklich geeignet für meinen Urlaub, oder werde ich sie wohl eh zurückschicken müssen? Deutschland stellt sich immer öfter solche Fragen, doch was ist die Lösung?
Diese Fragen könnten allesamt von KI beantwortet werden. Microsoft, sowie deutsche Onlinehändler wie Zalando und der OTTO-Versand, basteln fleißig an KI-Tools, die Kunden individuell beraten können.
Case Studies - OTTO-Versand & Bing
"Der Testlauf mit dem KI-Assistenten gibt uns die Möglichkeit genau zu vergleichen, ob und wie hilfreich die KI für Kund*innen wirklich ist."
Nehmen wir das Beispiel vom OTTO-Versand: Momentan befindet sich ein Tool in der Close-Beta-Phase, welches mit Kunden chatten und ihnen aus einer Produktpalette an 180.000 Produkten das geeignete empfehlen kann. Dass die KI wirklich gute Beratung bieten kann und keine „Schrottprodukte“ empfiehlt, werden nur Angebote berücksichtigt, mit über 50 Rezensionen.
Das ganze funktioniert so: Ich möchte ein leicht formelles, aber lockeres Sommerhemd für eine Party auf der Insel Kreta und erkläre dies der KI-Beratung. Diese analysiert nun alle Produkte und Rezensionen und gibt mir eine Auswahl an Artikeln aus, die meinen genauen Forderungen entsprechen. Ich muss mich also nicht durch mehrere Seiten klicken, sondern habe innerhalb von Sekunden nur die Angebote, die mich tatsächlich interessieren, so sehr Nische sie auch sein mögen.
Während Zalando ähnliche Methoden verwendet, diese aber noch lange nicht an einer breiten Kunden-Masse getestet hat, hat Microsoft ein Tool entwickelt, welches gleich mehrere Onlineshops gleichzeitig abdeckt.
Sucht man auf Bing ein Produkt mit bestimmten Eigenschaften, kann man sich von der Suchmaschine eine „Buying Guide“ erstellen lassen. Diese informieren einen über wichtige Aspekte in der Produktkategorie, empfiehlt direkt einige Modelle und vergleich diese in übersichtlichen Tabellen miteinander.
Findet man seinen Favoriten, gibt man Bing die Anweisung, zusammenzufassen, was die Leute Online so über das Produkt sagen und die Suchmaschine liefert eine Zusammenfassung aller Rezensionen, die sie plattformübergreifend findet.
Letztlich kann man sich von Bing auch noch die Preise und Angebote plattformübergreifend tracken lassen. Auch die Preisänderungen der Vergangenheit lassen sich einsehen. Einige Händler bieten an, dass bei Preisnachlässen rückwirkend Rückerstattungen bereits zuvor gekaufter Artikel an Kunden gezahlt werden können. Bing hilft einem dabei, dieses Geld dann tatsächlich auch gutgeschrieben zu bekommen.
Die Suchmaschine durchforstet auch das Internet nach Coupons und Cash-back Programmen, um deinen Einkauf stets günstiger zu machen.
Was bedeutet das ganze jetzt für Unternehmen?
Ich spreche aus, was viele sich jetzt denken – Unternehmen werden zukünftig keine Vorteile aus einer selbstgemachten, kundenfreundlichen Website ziehen können. Die herkömmliche Customer Journey, die jetzt die Websites prägt, wird vermutlich sterben. Keiner wird sich mehr durch tausende Seiten an Produkten klicken, die nicht seinen Erwartungen entsprechen.
Man muss Seitennavigation künftig völlig umdenken und jeder Onlineshop sollte sich mit dem KI-Thema auseinandersetzen. Das bedarf es, um durch eigene Umsetzung den plattformübergreifenden Anbietern wie Bing die Stirn zu bieten. Diese stellen den Super-GAU für Unternehmen dar, die sich besonders durch die Präsentation ihrer Produkte auszeichnen. Bing wird wohl eher nicht die Corporate Identity oder die Darstellung deiner Firma und Angebote übernehmen und dir somit eventuell deinen Wettbewerbsvorteil zerstören.
Stumpf aneinandergereiht an andere Produkte und nicht verglichen an den Kennzeichen, die dir selbst lieb sind, wirkt dein Produkt vielleicht schwächer als das deiner Mitbewerber. Das gilt es, um jeden Preis zu verhindern. Letztlich kann Bing das ganze auch so drehen, dass du für gute Platzierungen bezahlen musst und durch die Bindung der Mehrheit der Nutzer an deren Plattform, auf diese angewiesen bist.
Was also für Konsumenten ein Traum ist, kann sich schnell als Alptraum entpuppen und in einer Knechtschaft vieler Onlinehändler enden. KI ist aber nicht böse, kann sogar Umsätze massiv steigen lassen, muss aber gut umgesetzt sein und von einem Händler selbst ausgehen, um Abhängigkeiten zu verhindern und die eigene Identität und ihre Vorteile zu bewahren.
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